Für mich waren die schon irgendwie ein Geheimfavorit neben Wales. Würde mich wirklich freuen, wenn sie es schaffen.
Einstimmung auf die Iren heute von den Nürnberger Nachrichten:
Viel Pathos, viel Hingabe, wenig Erfolg;
Die Fans sind großartig, aber Irlands Fußball ist international kaum konkurrenzfähig
NÜRNBERG - Roy Keane war in diesem Sommer vor zwei Jahren aufrichtig schlecht gelaunt. Es ist nun keine Überraschung, Roy Keane schlecht gelaunt zu sehen, der Ire hat als Mittelfeldspieler von Manchester United mit großem Vergnügen den Bösewicht in einer außerordentlich talentierten Mannschaft gegeben. Als aber Irland bei der Europameisterschaft 2012 die Fußballwelt verzauberte, war Keane längst verrentet, was im Fußball wiederum bedeutet: Keane war als Fernsehexperte mit zur EM nach Polen und die Ukraine gefahren.
Was er dort mit anhören musste, hat Keane nicht gefallen, deshalb die schlechte Laune. Was er an diesem Abend im Mai auf dem Fußballplatz gesehen hat, hat ihm natürlich auch nicht gefallen. Wie aber die irischen Fans dieses 0:4 gegen Spanien begleiteten, das missfiel Keane ganz besonders. 87 Minuten lang hatten die irischen Fans ihre Mannschaft voller Inbrunst angefeuert, obwohl schon vor dem Anpfiff klar war, dass jedes Überqueren der Mittellinie ein Erfolg wäre. In dieser 87. Minute aber erstarben die Anfeuerungen, stattdessen erhob sich ein Gesang, leise zunächst, dann immer eindringlicher, so laut wie ein Orkan, voller Pathos, voller Hingabe, kitschig und großartig: ,,Loooow . . . lie the fields of Athenry."
Es war eine Sternstunde auch des deutschen Fernsehens, weil ARD- Kommentator Tom Bartels schwieg, als diese Iren einfach weitersangen - und weiter und weiter und weiter. Nur der Ire Keane sang nicht, Keane schimpfte: ,,Lasst uns nicht gegenseitig verarschen. Wir sind ein kleines Land, wir sind der Außenseiter, aber lasst uns nicht ab und an nur zum Singen hinfahren."
Tabellenführer und Außenseiter
Man kann ihn verstehen, diesen Wunsch, aber es ist nun einmal so, dass dieses kleine Land meist nur zum Singen irgendwo hinfährt - zumal, wenn es um Fußball geht, der es in Irland noch nicht einmal zum Volkssport Nummer eins gebracht hat. Und wenn sie in diesem Sport einmal gewinnen, bringt ihnen das meist auch nicht viel. 1988, etwa, haben sie in Stuttgart das große England mit 1:0 bezwungen und damit, wie Leitartikler später schrieben, den keltischen Tiger auf den Sprung gebracht, der Wirtschaftsboom der frühen neunziger Jahre erinnerte den Nachzügler Irland an den Gründungsmythos der jungen deutschen Republik, das Fußball-Wunder von Bern 1954. Nur für das EM-Halbfinale qualifizierten sie sich damals trotz dieses Sieges nicht.
Heute kommen die Iren wieder nach Deutschland, diesmal nach Gelsenkirchen, sie kommen: als Tabellenführer einer EM-Qualifikationsgruppe nach Siegen gegen, nun ja, Georgien und Gibraltar. Sie kommen aber ebenso natürlich: als Außenseiter. Fast genau ein Jahr ist es her, dass sie das letzte Mal vorbeigeschaut haben: In Köln verloren sie im Oktober 2013 0:3 gegen den damals noch zukünftigen Weltmeister - eine kleine Steigerung immerhin zum 1:6 im Hinspiel.
Immerhin haben sie einen Trainer, der weiß, wie man im europäischen Fußball Erfolg hat. Martin O'Neill gewann als Spieler unter der Trainer- Legende Brian Clough mit Nottingham Forest zweimal den Europapokal der Landesmeister und führte das noch kleinere Nordirland als Kapitän bis ins WM-Viertelfinale 1982. Als Trainer schaffte er es mit Celtic Glasgow in das Uefa-Cup-Finale 2003.
Nach einigen Stationen in der englischen Premier League wurde O'Neill im vergangenen Jahr als Nachfolger Giovanni Trapattonis und als Nationaltrainer Irlands vorgestellt. Als Assistent an seiner Seite: Roy Keane. Gemeinsam haben sie die Zuversicht rund um die Auswahl gesteigert, obwohl sie immer noch vor allem auf Robbie Keane vertrauen, einen inzwischen 34 Jahre alten Angreifer, der schon während der WM 2002 gegen Deutschland getroffen hat. ,,Jetzt heißt es ,,full speed" gegen Deutschland", kündigte O'Neill einen mutigen Auftritt zumindest an. Zu mutig soll es aber auch nicht werden:, ,,Wir sind nicht gut genug, um irgendwie abzuheben." Aber zu gut, um einfach nur zu singen.
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