Absolute Zustimmung in allen Punkten. Ich kann eine ganz ähnliche Entwicklung feststellen. Auch mir geht es so, dass ich eigentlich fast alle Leistungen als mehr oder weniger durchschnittlich empfinde.
Besonders stark dafür verantwortlich ist sicher bei mir die von dir schon angesprochene Milde. Je mehr ich mich selbst in die Praxis bewege, je weniger streng werde ich

. Vor allem gewichte ich Fehler sicher weitaus weniger stark, als früher und wenn man Versprecher nicht mehr so stark in die Wertung einbezieht (die sind ja ein starkes Indiz der Tagesform), ist klar, dass sich die Punkte zu ähneln beginnen.
Bei mir ist es außerdem so, dass fast alle meine Bewertungen auf die selben 5,6 Reporter entfallen. Gerade wenn du so oft dieselben Leute hörst, kennst du irgendwann alle ihre Formulierungen und stilistischen Eigenheiten auswendig, wodurch die Kommentare subjektiv irgendwann langweiliger und unkreaktiv wirken.
Das passiert auch bei Kommentatoren, deren Leistungen einen anfangs richtig in den Bann ziehen. Stichwort: Matthias Stach. Seine Auftritte bei Olympia 2008 habe ich als seine besten Kommentare in Erinnerung. Ich glaube aber kaum, dass er danach nachgelassen hat. Viel eher denke ich, dass mir seine interessanten Anekdoten und auch sein emotionaler und dynamischer Stil noch so unbekannt waren und ich deshalb so viel Freude daran hatte. Nach mittlerweile mehreren Großereignissen mit ihm als Reporter, empfinde ich die Vorstellungen zwar immer noch als überdurchschnittlich, aber die meisten seiner Geschichten, seiner Einschätzungen und seiner Formulierungen, habe ich eben schon etliche Male gehört.
Noch schlimmer war's in der CL auf Sat1 mit Wolff Fuss: Bei den ersten Spielen war mir dieser moderne und etwas alternative Stil noch ganz neu. Nach zwei Jahren habe ich seine immer gleichen Floskeln und seine Behäbigkeit als sehr langweilig empfunden und fast jeden Kommentar im Bereich von 5,5-6 Punkten eingeordnet.
In den letzten Monaten bin ich zur Einsicht gekommen, dass sich die wahre Qualität eines Kommentators wohl gar nicht durch die Bewertung einer Übertragung feststellen lässt, sondern sich erst dann zeigt, wenn man 4-5 Übertragungen analysiert. Wandelbar zu sein und die Fähigkeit zu haben, immer eine andere Facette von sich zu zeigen, halte ich nun für die wesentliche Eigenschaft, die die Spitze von der Breite unterscheidet. Und wenn man dieses Kriterium anlegt, ist die Spitze wirklich extrem dünn...
Da ich ja nun selbst viel stärker in der Praxis unterwegs bin, habe ich zumindest für mich festgestellt, dass es eigentlich die größte Herausforderung ist, nicht in dieses fixe Schema zu verfallen und dann einfach den immer gleichen Stil zu praktizieren. Das passiert aber eigentlich fast wie von selbst. Und bequem ist es obendrein, man weiß ja schließlich, dass der Stil funktioniert.