So – nachdem ich gestern einen Beitrag geschrieben habe, der dann leider beim Absenden nicht verschickt worden ist, versuche ich mein Glück noch einmal, wobei ich hoffe nicht allzu sehr durcheinander gekommen zu sein:
Olympia:
Samstag
Tom Bartels; Skispringen, Qualifikation der Männer; 6,0 Punkte
Bartels und Skispringen – das passt. Souverän und sicher kommentierte der ARD-Mann die Qualifikation von der Normalschanze und konnte gerade im analytischen Bereich mit sehr detaillierten Studien der Bewegungsabläufe aufwarten; emotional adäquat – und hier vermag man es Bartels ja ab und zu mal Probleme nachzusagen – war es angesichts der relativ geringen Relevanz des gezeigten Wettkampfes (also verglichen mit dem folgenden Springen am Sonntag) durchaus (wenn auch nicht in vollem Umfang und ohne jedwede Abstriche; es war auf alle Fälle nicht so monoton wie man das an schlechten Tagen von ihm schon erlebt hat). Die Informativität passte absolut; negativ auffällig waren die multiplen Inkohärenzen in Bartels´ Grammatik – da wurden Sätze abgebrochen oder falsch weitergeführt und die Bezüge in der Gedankenkonstruktion waren abseits ihrer grammatikalischen Fehlerhaftigkeit auch nicht immer ganz klar. Generell aber durchaus engagiert und passabel.
Sonntag
Wolf-Dieter Poschmann; 3000m Eislaufen der Damen; 4,5 Punkte
Positiv war sicherlich, dass sich Poschmann rhetorisch geschmeidiger und flüssiger und schlichtweg besser präsentierte als man das bei diversen – oft fußballerischen – Veranstaltungen von ihm gewohnt ist. Vielleicht liegt das daran, dass die Variationsmöglichkeiten beim Eislaufen in der situativen Betrachtung weniger groß und unüberschaubar sind als beim Fußball – aber diese Hypothese ist zugegebenermaßen wohl kaum stichhaltig und/oder haltbar. Fakt ist hingegen, dass Poschmann sprachlich durchaus ansprechend war und das ist primär gut. Was mir weniger gut gefallen hat – und ich gebe zu, dass dies als Hauptkritikpunkt eigentlich für das Groß der ÖR-Reporter gelten muss – ist die Tatsache, dass Poschmann immens auf Pechstein fokussiert war. Würde ich das in der normalen Berichterstattung der Läufe des Wettkampfes sofern Pechstein beteiligt ist oder im Rahmen eines vergleichenden Kommentars zur Einordnung noch tolerieren (wenngleich nicht gutheißen) so wurde dies spätestens zu einem unangenehmen Charakteristikum der Übertragung als er die Medaillenentscheidung darüber kommentierte und die Bilder der feiernden Goldmedailliengewinnerin mit einem Kommentar über die Pechstein´schen Ambitionen unterlegte. Das ist mir sehr sauer aufgestoßen und führte zu signifikanten Abzügen im Bereich des Transports von Emotionalität. Letztlich auch ein ausschlaggebender Aspekt für die Vergabe der schwächeren Punktzahl.
Günter Peter Ploog; Eishockey der Damen; Russland vs. Deutschland; 2,0 Punkte
(Anmerkung – nur knappe 15 Minuten des ersten Drittels wurden live kommentiert)
Ploog konnte der ausgesprochen ausgeprägten Dynamik des Spiels nicht im Mindesten folgen. Das lässt sich als das große Manko der gesamten Struktur des Kommentars ausmachen, denn insbesondere in Spielen, die von einer Schnelligkeit und Situativität leben, wird es einem Kommentatoren offenkundig zum Verhängnis, wenn er sich nur an seinen vorbereiteten Stories entlanghangelt und dabei die eigentlichen Geschehnisse auf dem Eis – inklusive Chancen, Möglichkeiten, torgefährliche Szenen, Schiedsrichterinnenentscheidungen etc. – weitgehend unbegleitet lässt. Als logische Konsequenz war die reine Quantität der Informationen auch durchaus adäquat und sogar in einem passablen Bereich anzusiedeln, während die anderen Kategorien, die sich abstrahieren lassen in der Bewertung, natürlich evidenterweise deutlich schwächer ausfielen. Dazu kamen etliche Konzentrationsfehler („etliche“ = bezogen auf die relativ kurze Übertragungsdauer), wie die Verwechselung der Spielzeit oder der Spielerinnen in Scheibenbesitz; auch sprachlich mit einigen Fehlern und Unsicherheiten ( gerade im Bereich der Singular/Plural Kongruenzen), die ich allerdings ebenfalls im Bereich der Konzentrationsmängel ansiedeln würde. Ferner: Insbesondere bei einer so kurzen relativen in medias res Einblendung, wie dieser, wäre es empfehlenswert gewesen einzelne Szenen in einen gesamten Eindruck einzuordnen. Dies fehlte – abgesehen von der schon habituellen Euphorie gegenüber passablen deutschen Resultaten (siehe Poschmann) – leider nahezu gänzlich. Außerordentlich schwache Leistung.
Norbert Galeske; Rodeln – 2. Finaltag Männer; 6,5 Punkte
Ganz im Gegensatz zur vorausgegangenen Kommentierung eine rundum gute Leistung. Galeske war meiner Meinung nach anzumerken, dass er mit der Materie vertraut war – er beschränkte sich nicht nur auf Fakten, die ohnehin fast allen, die Google bemühen würden, bekannt waren (also Einschätzungen á la vergangenen Weltcupplatzierungen), sondern konnte mit vielen interessanten Informationen aufwarten, wusste etwas zu den Trainingsumfängen, zu Schwerpunkten und Trainingsteamverteilungen zu sagen; konnte mit Geldakquirierungen beim Sponsoring im Vorfeld aufwarten und war somit ausgesprochen informativ. Auch die Schnelligkeit des Geschehens konnte er ganz gut einfangen und wusste mit prägnanten, stakkato-artigen Kommentaren zu überzeugen, die der Dynamik des Ablaufs ebenso wie der recht angemessenen Analyse Genüge taten. Allerdings hätte ich mir gerade in der Zeitlupe ein wenig mehr Tiefe in der Analyse gewünscht – wobei dies auch tendenziell Meckern auf hohem Niveau ist. Sprachlich souverän – generell souverän!
Christian Hamm; Biathlon; Sprint der Damen;5,0 Punkte
Ich würde mich von der generellen Strukturkritik des Kommentares Jakob absolut anschließen. Die Aufgabenverteilung zwischen Co und Hamm ist ganz klar geregelt. Muss man das unbedingt kritisieren? Vielleicht; ich werde es nicht allzu drastisch ins Negative reichend gewichten. Denn zumindest in diesem Fall war es nicht so, dass Hamm überhaupt nicht analysiert hätte; er hat sich da meiner Meinung nach recht vernünftig mit Fritzenwenger arrangiert. Sprachlich sicher und mit guten Variationen und auch informativ durchaus überzeugend. Ein Manko erschien mir als Laie, dass er quasi allen bescheinigte gute Chancen zu haben, dies teilweise auch mit Weltcupplatzierungen untermauerte und später sowohl die Unprognostizierbarkeit der Veranstaltung herausstellte als auch argumentierte, dass die Weltcupplatzierungen eigentlich keine Aussagekraft hätten sowie zu allem Überfluss mit seinen Prognosen auch noch weitgehend danebenlag (da ubiquitär gute Chancen attestiert worden waren). Aber das mag auch auf meine fehlende Vertrautheit mit der Materie zurückzuführen zu sein. Knappe 5,0 Punkte.
Montag
Wolf-Dieter Poschmann; Eisschnelllauf 500m der Herren; 6,5 Punkte
Ganz knapp an den 7 Punkten vorbei; definitiv somit eine Steigerung zum vergangenen Olympia-Tag. Poschmann profitierte hier meiner Meinung nach von der langen Übertragungszeit und wusste mit einer guten Strukturierung zu überzeugen. Auch war sein Fokus auf den Deutschen Nico Ihler, der final als Achter abschloss, durchaus angemessen, da dessen Leistung tatsächlich gut war. Auffällig wie gut Poschmanns Prognosen passten (er sagte bspw. schon früh voraus, dass Ihler eine gute Zeit brauchen würde und es selbst dann schwierig werden würde – das bestätigte sich auch). Auch gut gefiel mir die Einordnung der Athleten interdisziplinär (also zu sagen, wo welcher Athlet seine Stärken hat und wie er auf der Bahn einzuschätzen sei). Sprachlich solide, bisweilen etwas termini technici lastig – Stichwort „Kampfeis“. Aber alles in allem gibt es wenig zu kritisieren.
Norbert Galeske; Rodeln der Damen– 1. Tag; 5,5 Punkte
Ein seltsamer Auftritt, vor allem weil er in direktem Kontrast zu der guten Leistung des vorangegangenen Tages steht. Erstens weil Galeske die Präzision in der Analyse vermissen ließ und meines Empfindens oberflächlicher agierte hinsichtlich dessen. Auch in den Zeitlupen blieb er oft bei einer dichotomalen gut-schlecht-Einordnung. Zweitens weil er sich zu stark auf den Aspekt der Athletik bei den Sportlerinnen versteifte und andere relevante Komponenten außer Acht ließ. Auch die Erläuterungen zum Sport als solchen sowie zur Bahn waren verglichen mit gestern redundant. Schade. Dennoch überdurchschnittlich.
Christoph Hamm; Biathlon Verfolgung; 4,5 Punkte
Bin auch hier bisweilen bei dir Jakob. Insbesondere im schon oben thematisierten Bereich der fehlenden Analysen. Widersprechen würde ich aber bei der Einschätzung, dass die Emotionalität gefehlt habe (wenngleich mir selbstverständlich der von dir thematisierte Vergleich zu den regulären Weltcupveranstaltungen fehlt): Gerade den Zieleinlauf von Fourcade fand ich gut kommentiert, ebenso die Kommentierung der Periode vor dem letzten Schießen als Schempp Chancen auf den Podestplatz zu haben schien; auch ein Teil der Kommentierung hiernach bei den Positionskämpfen Schempps gegen Svensen war das meiner Einschätzung nach überdurchschnittlich. Informtionen kamen gleichwohl nicht sonderlich viele, die Einschätzungen waren auch eher oberflächlich (wenngleich mir beispielsweise die Positionierung gegen Fourcades Jubel nach dem letzten Schießen ganz gut gefiel). Apropos Fourcade – sensationelle Aussprache des Franzosen, meiner bescheidenen, des Französischen nicht Mächtigen, Meinung nach. Gut, relativieren wir den Superlativ: Auffällig von der normalen „deutschen“ Aussprache abweichend. Aber positiv, wie ich spontan fand.
In der Hoffnung nichts vergessen und durcheinandergebracht zu haben – ich widme mich jetzt mal meinen Hausarbeiten.
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Es gibt Trauer, die tränenlos ist, wie es Heiterkeit gibt ohne Lächeln.
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