Tennis French Open: Nadal – Nishikori, Oliver Faßnacht bekommt 7 Punkte!
Nach langer Zeit habe ich also mal wieder Tennis geschaut und dabei zwar kein sonderlich spannendes Match, aber doch einen sehr interessanten Kommentar von Oliver Faßnacht erlebt.
Sein Stil, wie er über den Dingen steht und sich in der Lage sieht, fast alles zu analysieren, sich sogar zumutet, die gegenwärtige emotionale Befindlichkeit der Spieler sehr detailliert einzuschätzen, ist sicher nicht jedermanns Sache. Zu den Leistungen und Auftritten von Faßnacht hat es hier früher ja auch einige Diskussionen gegeben.
Heute finde ich, dass er insbesondere analytisch aber einen sehr guten Tag erwischt hat. Das Geschehen aus den verschiedensten Blickwinkeln, sei es spielanalytisch, psychologisch, oder in Hinblick auf das weitere Turnier zu betrachten, ist ihm sehr gut gelungen und hat der Übertragung einiges an Spannung und Abwechslung verliehen. Stimmlich wirkte er extrem distanziert, sprach mit tiefer, stets ruhiger Stimme, ließ sich nie mitreißen, schaffte durch den sehr spielnahen Inhalt seinen Kommentars aber einen guten Kontrast zur stilistischen Aufbereitung und war so dazu in der Lage, dennoch Spannung zu erzeugen. In Sachen Emotionalität ist er mit Auftritten wie heute der absolute Gegenentwurf zu Frank Buschmann, wenngleich, wie ich meine, nicht minder gut.
Trotzdem möchte ich sagen, dass dieser Stil, ebenso wie viele andere, in Reinstform über die Dauer von eineinhalb bis zwei Stunden etwas langweilig wird. Wenn Faßnacht es schaffen würde, aus seiner Gelassenheit und distanzierten Analyse heraus manchmal auch eine gewisse Emotionalität und Nähe zum Spiel zu entwickeln, würde das die Dynamik des Kommentars noch wesentlich erhöhen.
Zurück zum Inhalt: Faßnacht schaffte hier eine wirklich gute Mischung aus Informationen und Analysen, die zwar überwiegten, das aber zurecht. Er brachte zwar einige Statistiken, schilderte den Werdegang von Nishikori, tat dies aber recht kompakt, nicht mit der Detail- und Anekdotendichte eines Matthias Stach. Die Analyse, die er sich heute zum Steckenpferd gemacht hat, hat er aber in Sachen Spieltechnik meines Erachtens nach sehr gut beherrscht – bezüglich Psychologie kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Faßnacht analysierte die Schläge der Spieler selten direkt, sondern fasste das Spiel immer wieder mal zusammen, erklärte, was die beiden Spieler gut und schlecht machen, um dann noch hinzuzufügen, wie sie darauf reagieren sollten. Er äußerte sich sehr präzise, brachte die Situation auf dem Platz in wenigen Worten wirklich tiefgründig auf den Punkt – Abschnitte seines Kommentars waren so hochklassig, dass man auch 9 Punkte dafür geben hätte können.
Faßnacht legte mir seinen Fokus heute aber zu stark auf Nishikori, als dass eine solche Gesamtbewertung gerechtfertigt wäre. Das Auftreten des Japaners nahm er ganz genau unter die Lupe. Teilweise hatte ich aber auch das Gefühl, dass er etwas mehr über Nadal sprechen hätte können und auch enttäuscht war, dass der Japaner nicht besser mithalten konnte.
Sprachlich ein solider Kommentar, wenngleich nicht fehlerfrei.
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