Der erste Olympiatag ist zu ende. Ich habe ihn im Großen und ganzen bei ESP verfolgt:
Skisprung Kleinschanze: Dirk Thiele bekommt 6 Punkte!
Inhalt = 10,61/15(Informativität: 10,96; Analyse: 10,25); Spannungsaufbau = 11,22/15; Fehler = 4,24/5; Sprache = 4,33/5; Timing = 10/10. Gesamt: 40,40
Welch ein Kommentar! Noch „thieleischer“ kann man ja kaum kommentieren, oder? Er hat während der Übertragung eine unglaubliche Steigerung hingelegt. Eigentlich sind 2 Phasen zu erkennen gewesen. Phase 1, sie dauerte bis zu Uhrmanns Sprung in Dg 1, war durch folgende Dinge geprägt: Thiele war etwas fahrig und tat sich schwer in dieser stimmungsarmen Atmosphäre zu kommentieren. Er wirkte überkritisch, ständig kamen negative Kommentare. Das ließ die Stimmung doch etwas nach unten gehen. Ein Patzer ist ihm auch passiert. Er meinte, Lazzaroni sei 101m gesprungen und wunderte sich schon über die Weite, dabei waren es 101 Punkte! Sprachlich einfach gestrickt, Thiele zeigte sich phrasenanfällig. Immer auch wieder mit besseren Ansätzen, vor allem inhaltlich. Die Bewertung für Phase 1 liegt im Bereich von 4 Punkten. Phase 2 dauerte länger. Sie wurde durch den starken Sprung von Uhrmann eingeleitet. Thiele wurde emotionaler, fieberte ab nun mit und steigerte sich rhetorisch extrem, sodass er binnen 5 Minuten nur die Höchstpunktzahl von 5 P in dieser Bewertungskategorie bekam. Das war schon die ganz feine Klinge: „Bystöl hat seine Karriere aus mehreren Gründen beendet, einige davon waren flüssig“. 4,33 Punkte im Schnitt in einer Übertragung sind der zweitbeste Wert des Jahres 2010 in diesem Bereich des Kommentars. 4,43 sind der Bestwert, den stellte Thiele am Bergisel auf. Im 2.Durchgang wieder eine reife Vorstellung. Informativ, analytisch gut und seine Stärken perfekt einsetzend. Ein guter Thiele! Die Bewertung für Phase 2 liegt im Bereich von 6,5 Punkten. Insgesamt stand er letztendlich zwischen 5,5 und 6 Punkten. Nach langem überlegen habe ich mich jetzt, um 10:09 zu 6 Punkten entschieden.
Biathlon – Damensprint, Sigi Heinrich bekommt 3,5 Punkte!
Das war doch recht enttäuschend. Ich dachte, da käme ein oberbayrisches Feuerwerk, aber das war ein Kommentar mit Sparflamme. Der olympische Geist hat Heinrich nicht recht erfasst. Im Laufe der Übertragung wirkte er dann doch etwas gelangweilt, hatte vor allem mit der Formulierung größere Probleme – „Verunsicherheit“. Zwischen den Zeilen hat er auch stark daran gezweifelt, dass Kuzmina diese Leistung ohne medizinische Nachhilfe zustande gebracht hat. Sigi wird ein bisschen zum Sorgenkind des Jahres 2010.
Eisschnelllauf der Herren 5.00 m; Marc Rohde bekommt 5 Punkte!
Inhalt = 10,25/15(Informativität: 10,2; Analyse: 10,3); Spannungsaufbau = 10,1/15; Fehler = 4,61/5; Sprache = 3,72/5; Timing = 10/10. Gesamt: 38,68/50
Rohde war zwar nervig, aber er kannte sich nicht schlecht aus. Tiefgründig wurde er nicht, aber er hat das sehr geschickt umgangen und sich gut präsentiert. Obwohl er immer wieder Informationen einbrachte, verlor er das Rennen, die Zeiten etc nie aus den Augen. Er hat auch immer wieder gut darauf hingewiesen, dass man am Ende 2-3 Sekunden auf den US-Amerikaner (Name ist mir entfallen) gutmachen kann. Dazu ganz emotional, hat gut Spannung transportiert. Er hat keine schlechten Anlage, nur die Stimme ist einfach nicht angenehm und auf die Dauer sehr anstrengend. Auch der Sprachrhythmus und die Art, wie er Informationen einbringt sind nicht recht gut. Es wirkt einfach so, als kommentiere er von oben herab.
Shorttrack der Herren 1.500 m; Marc Rohde bekommt 3 Punkte!
Dieser Sport ist nicht auf ihn zugeschnitten. Hier muss man sehr schnell agieren und Führungswechsel knapp darstellen. Für den Satz „Jetzt geht Olivier Jean an die Spitze“ ungefähr 3 Sekunden, währenddessen liegt er nun schon wieder an der 2.Stelle. Im 2.Halbfinale war es besonders ausgeprägt, danach hat er dem Co-Kommentator diesen Job weitestgehend übertragen. Gute Informationen, emotional, sprachlich solide, aber es passte stilistisch nicht so recht. Dazu war er stimmlich erneut, wie gewohnt, ziemlich anstrengend.
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